Endlich wieder Frühling in Hülchrath.

 

Kaum wird es draußen ein wenig heller und wärmer, fangen die hier gebliebenen Vögel schon zaghaft mit ihren Gesängen an.
Vögel sind in unserer Wahrnehmung eben viel präsenter als z.B. Insekten (Schmetterlinge, Käfer, Wildbienen), Säugetiere (Marder, Hamster, Fledermäuse) oder Amphibien (Frösche, Kröten, Molche). Deshalb fällt es auch direkt auf, wenn einige Vogelarten seltener geworden sind oder gar verschwunden sind aus unserem Sichtfeld - oder sich auch neue Arten in Form von „Neubürgern" eingefunden haben (Halsbandsittiche am Schloss). Und deshalb lässt sich oft auch sehr schnell ablesen, warum das so ist. Verändert sich das Umfeld und fehlen passende Nahrungsquellen oder Nistmöglichkeiten, verlassen betroffene Arten schnell ihr angestammtes Revier.
Deshalb hat Vogelschutz auch nichts mit einer zu belächelnden Romantik zu tun, etwa um unsere „lieben kleinen gefiederten Freunde" zu unter-stützen. Vogelschutz ist nur ein Glied in der Kette für einen verstandenen praktizierten Naturschutz. Darum ist es nach wie vor auch wichtig, dass wir für gefährdete Arten Ersatz schaffen wie wir es am Kirmesplatz mit dem „Travogelhaus" schon begonnen haben (und hier heißt es, geduldig abzuwarten).

 

Jetzt ist Frühjahrsputz angesagt.

 

Aber auch unsere Gartenvögel brauchen nach wie vor unsere Unter-stützung in Form von Nistkästen für unsere Meisen und andere Höhlen-brüter.
Jetzt ist es Zeit, die Häuschen zu reinigen und das alte Nistmaterial zu entfernen. Denn hier überwintern auch die ärgsten Feinde unserer Vögel:
unzählige Arten von Milben, Flöhen und Wanzen! Wenn also unsere Vögel ein Staub- oder Wasser-Bad nehmen, gilt das zuallererst der Entfer-nung dieser lästigen Plagegeister. Und bitte noch einmal überprüfen, ob das Einflugloch des Kastens auch zur wetterabgesandten Seite ausgerichtet ist, nämlich nach Südosten! Wer lässt es sich schon gerne reinregnen in die gute Stube.
Doch schauen wir erst noch einmal zurück ins alte Jahr, auf den späten Kranich-Durchzug über Hülchrath. Am 21. November zogen ca. 3200 Kraniche mit ihren typischen Rufen in mehreren Pfeilformationen über uns hinweg in ihre angestammten Winterreviere in Südfrankreich und Spanien. Und es dauert nicht lange, kommen sie schon bald wieder zurück auf dem Weg nach Nordostdeutschland, Skandinavien und dem Baltikum. Ein immer wiederkehrendes Spektakel, auf das leider unsere arbeitenden Mitbewohner verzichten müssen, weil sich dieses meistens am Mittag und Nachmittag präsentiert.

 

Hülchrath ist immer offen für Neuansiedler.

 

Während wir vielleicht schon in unseren Gärten aufräumen, um die Gartensaison vorzubereiten, sind ganz andere Großvögel schon längst weiter: die Graureiher. Und hier zeichnet sich eine kleine Sensation ab, denn aus unseren anfänglich zwei Reiherhorsten ist mittlerweile eine kleine Kolonie geworden! An fünf Nestern wird das Brutgeschäft schon vorangetrieben, unermüdlich tragen die Vögel Äste und Zweige aus der Umgebung heran, um ihre Nester zu festigen. Die krächzenden Lautäußerungen sind ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber wir dürfen uns freuen, dass diese Vögel sich den Weiher an unserem Schloss ausgesucht haben. Und von diesem Ort lassen sie sich nicht so leicht vergrämen, weder durch unsere Kirmes noch durch fröhliche Aktivitäten am Schloss.

 

Die Natur liegt uns zu Füßen.

 

So, jetzt haben wir genug nach oben geschaut. Wir ändern die Blick-Richtung und begeben uns auf einen erholsamen Spaziergang an den Gillbach.
Größere gelbe Blütenteppiche zeigen uns endlich den Frühling an: das Scharbockskraut ist da, ein Hahnenfußgewächs mit unzähligen kleinen Blüten. Abseits entdecken wir das etwa 15 bis 30 cm hohe Lungenkraut mit seinen hellen Flecken auf den länglichen Blättern und den rosa bis blauen Blütenständen. Mit ein bisschen Glück sehen wir auch ein paar vereinzelte violette Veilchen, deren Samen übrigens durch die Ameisen verbreitet wird. Wieder ein Beispiel, wie alles in der Natur miteinander verzahnt ist.
Ein paar Tage später erblicken wir die Buschwindröschen, vornehmlich als weißer Blütenteppich im angrenzenden Langwadener Wald. Und darauf haben dann die Feinschmecker gewartet: der Bärlauch macht sich bemerkbar durch seinen zarten Knoblauchduft, den man schon von weitem wahrnimmt. Aber Vorsicht: bitte nicht verwechseln mit den sehr ähnlichen Blättern des giftigen Maiglöckchens, das ebenfalls hier und da anzutreffen ist. Machen Sie den Finger-Reibetest: duftet es sanft nach Knoblauch, darf man die Blätter getrost für die feine Küche verwenden - und gesund sind sie obendrein. Guten Appetit.

 

(Ingo Heintzen)